Vom Kofferband zum Eyre Square
Unsere letzte große Reise in ein weiter entferntes Land ist schon wieder zwei Jahre her. Dank Corona waren kurze oder auch lange Reisen zwischen den Ländern immer mit großem Aufwand verbunden. Einfach zu viele Regeln für dies und jenes. Da sieht man in einem einzelnen Land schon kaum mehr durch, wie dann also in mehreren?
Kaum am neuen Flughafen BER angekommen standen wir bereits in der Reihe von wartenden Passagieren. Gerade hatte die Lufthansa angekündigt, mehr als 2000 Flüge streichen zu müssen, weil kein Personal für die Abläufe mehr zu haben sei. Zum Glück spürten wir bei Aer Lingus nichts davon. Nach etwa 90 Minuten in der Warteschlange für die Kofferabgabe war sich allerdings auch das Personal am Schalter nicht sicher, was die Fluggesellschaft nun als Handgepäck und was als Koffer definiert. Vermutlich hätten wir hier sogar einen 20 kg Koffer als Handgepäck durch bekommen. Aber wir fliegen ja später auch noch mit Ryanair.
Die restliche Zeit am Flughafen war entspannt: Sicherheitskontrolle, latschen bis zum Gate, Toilette und warten auf den Flieger. Nach etwa zwei Stunden Flugzeit kamen wir in Dublin an und nahmen unsere Koffer am Band entgegen. Mit einer Stunde Zeitverschiebung sind wir sogar nur etwa 60 Minuten unterwegs gewesen. Jetzt mussten wir nur noch unseren Reisebus finden.


Im falschen Terminal angekommen fragten wir uns zu den Bussen durch und fanden unser Ziel. Noch schnell was zwischen die Kauleisten geschoben, warteten wir dort auf den Coach (Reisebus), der etwas Verspätung hatte. Gut, dass wir alles mit genügend Zeit für solche Fälle geplant haben.
Wir trafen an der Haltestelle sogar einen anderen Deutschen, der seinen Urlaub mit einem Bekannten auf der Insel verbringen wollte. Irgendwie ganz schön, nicht die einzigen Touristen in diesem Land zu sein. Viele Worte haben wir allerdings nicht gewechselt. Die Busfahrt war soweit ganz angenehm. Gut drei Stunden sind wir erst durch ganz Dublin, dann über die „Autobahn“ und hier und da durch kleinere Städte gegurkt, um weitere Passagiere einzusammeln. Es regnete sehr beruhigend während der Fahrt.
Angekommen in Galway stiegen wir an einem ziemlich großen Busbahnhof aus. Auf dieser Insel wird offensichtlich sehr viel Strecke per Bus gemacht. Nach wenigen Schritten erreichten wir dann den Eyre Square – das Zentrum von Galway, mit vielen Restaurants, Cafes, Pubs und Bushaltestellen. Letztere war unser erstes Ziel: wir wollten die Koffer erst einmal in unsere Unterkunft bringen.
Patrick: „Two tickets to ‚Thomas Heynes Road‘, please.
Busfahrer: „Three tsenshsgthst…“
Patrick: *holt 3,10 € aus der Brieftasche und legt sie vor den Fahrer*
Busfahrer: „No, no. Eightee. Eight, Zero.“
Patrick: „Ah, okay.“ holt die restlichen 70 ct aus der Brieftasche – „I’m struggling with the local accent.“
Busfahrer: „So am I!“ 😀
Der Busfahrer war richtig zuvorkommend und half uns die richtige Haltestelle zu finden. Das Hostel war ebenfalls unkompliziert: bei der Frau an der Rezeption holten wir uns die Chipkarten für die Türen und ließen uns den Weg zum Zimmer erklären. Bezahlt hatten wir längst. Das Zimmer war klein aber fein, mit einem kurzen Bett, großem Fenster, Stauraum, kleinem Badezimmer und USB-Steckdosen. Eine große Küche teilte man sich mit den anderen Gästen in der Etage.
Gegen 18 Uhr, nach einem kurzen Einrichten, spazierten wir wieder los Richtung Stadtmitte. Wir wollten das trockene Wetter noch für Erkundung und etwas essbares nutzen. Ein paar Fotos und Entchen-Beobachten später fanden wir uns in einer Straße mit Pubs und Restaurants wieder. Das mehrfach ausgezeichnete Szene-Pub hatte leider keinen Tisch mehr frei, also versuchten wir es beim nächsten Szene-Pub und hatten Glück. Zur Erklärung: In Irland hängen gefühlt an jedem Restaurant irgendwelche Auszeichnungen. Gibt bestimmt eine Mafia dafür…






Wir hatten einen sehr schönen Abend in diesem Pub bei Fish & Chips, Guinness, Cola und Salat. Die Atmosphäre war toll, aber auch sehr laut. Live-Musik gab es leider nicht. Das Essen war lecker, die Preise waren okay. Und dann fiel mir mein Buchungsfehler auf: Den Reisebus hatten wir mit Hin- und Rückfahrt gebucht. Die Hinfahrt hatte gut funktioniert, aber am Datum „Wed 27th Jul“ für die Rückfahrt kam mir irgendwas falsch vor. Ach ja, wir wollten doch am 27. Juni zurück fahren! Verflucht! Na zum Glück hatten wir alles dabei, um später im Hostel eine neue Buchung machen zu können.
Land in Sicht. ENDLICH!
Unser erster richtiger Tag auf der Insel startete – natürlich – mit Regen. Treffpunkt für unseren Tagesausflug war das Kinley Hostel am Eyre Square und wir wollten eigentlich laufen. Pustekuchen. Der Doppendecker-Bus hatte Verspätung und wir waren doch schon etwas nass, als wir in Richtung Innenstadt fuhren. In Irland spart man aus nicht-verständlichen Gründen an Haltestellenhäuschen.
Wir hatten noch Zeit am Square und flüchteten vor dem Regen in eine Einkaufsmeile. Die Geschäfte hatten um 8:30 Uhr alle noch geschlossen, es war allerdings auch ein Samstag. Das Personal vor dem Hostel empfing uns mit einem Lächeln und wies uns einen der drei Busse zu. Offenbar waren wir nicht die einzige Reisegruppe an diesem Tag.
Unser Busfahrer, dessen Namen wir nicht verstanden haben, hatte immerhin einen grauen Zopf, den wir wohl wieder erkennen würden. Das Multitalent war für alles verantwortlich: Bus fahren, Gäste unterhalten, Umfragen veranstalten, die Historie der Insel vermitteln und Gälisch übersetzen. Der konnte gar nicht mehr den Mund halten!


Nach knapp zwei Stunden Fahrt Richtung Süden und einer schönen Strecke durch den Burren (steinige Gegend am Rande der Bucht) erreichten wir einen Parkplatz in Doolin. Von dort aus sollten wir mit der Doolin-Fähre nach Inis Oirr (gesprochen „Inisch Ier“) übersetzen. Warum der liebe Busfahrer nur die Karten besorgte und nicht selbst mit an Bord kam, sollten wir gleich erfahren.
Die Überfahrt war dann irgendwie das Highlight unseres Tages: auf dem Altlatischen Ozean war es stürmisch und es tobten Wellen mit etwa 4 Metern Höhe. Irgendwie hätte uns das Schaukeln der Fähre am Pier schon vorwarnen sollen. Das – zum Glück – sehr hochseetaugliche Boot nahm eine Welle nach der anderen mit Vollspeed und klatschte gleich darauf ins Wellental. Wir flogen die ersten 15 Minuten der Überfahrt regelrecht immer wieder acht Meter in die Tiefe, was sich mit den Turbulenzen im Flugzeug vergleichen lässt. Nur irgendwie 5 mal so schlimm…
Was den Mädels aus dem Junggesellinnenabschied im hinteren Teil des Kahns – mit Sekt und Gesängen – wohl nichts ausmachte, sorgte bei uns für üble Stimmung. Im wahrsten Sinne des Wortes! Nach etwa 30 Minuten war der „Spaß“ dann vorbei.










Angekommen auf der Insel waren wir für zwei Gegebenheiten sehr dankbar: (1) Festland unter unseren Füßen und (2) das gute Wetter. Zwei Stunden Zeit, um die Insel nach Belieben zu erkunden. In weiser Voraussicht sparten wir uns die empfohlene warme Mahlzeit und begaben uns direkt zum Strand. Die anderen Touristen blieben zumeist an den kleinen Kutschen am Hafen hängen und ließen sich damit über die Insel chauffieren. Nach ein paar Fotos und dem ersten VLog spazierten wird den Berg hinauf zu den Burgruinen. Wir waren die einzigen Touristen, die es bis nach oben geschafft hatten und konnten in Ruhe alles erkunden. Den Rest der Zeit nutzten wir ebenfalls für Erkundungen und ein paar ruhige Minuten am Strand. Schließlich mussten wir ja noch runter von der Insel… Es gab sogar ein Änderung auf der Rückfahrt: die Fähre war noch schneller, als die Erstere und der Regen setzte wieder ein. Was hatten wir wieder ein „Spaß“, als sich zwei Passagiere hinter uns schön in ihre Tüten übergeben haben. Atemberaubend!
Bei gutem Wetter und ruhiger See hätte die Fähre noch einen Abstecher zu den Cliffs of Moher gemacht, sodass wir diese von der Seeseite hätten betrachten können. Da dies nicht der Fall war, fuhren wir mit dem Bus zur Touristenattraktion. Leider machte uns das Wetter einen ordentlichen Strich durch die Rechnung. Bei diesiger Sicht regnete es aus Eimern. Nach ein paar Stufen zu dem Cliff, sowie einigen Fotos, waren wir völlig durchnässt und hatten sämtliche Lust eingebüßt. Der Kakao aus dem Shop und das Wiedersehen mit unserer Bekanntschaft vom Busbahnhof Dublin konnte daran nicht mehr viel ändern.





Nach einer Stunde Wartezeit im Bus traten wir die Rückreise nach Galway an. Zurück am Eyre Square entschieden wir uns für ein Abendessen in der Nähe. Der Regen hatte aufgehört. Nach Empfehlung vom Busfahrer klapperten wir zwei Pubs ab, bevor wir im Dritten einen Tisch bekamen. Lecker war es auch hier! Der Abend endete dann mit einem Spaziergang zurück in unsere Unterkunft und dem verdienten, erholsamen Schlaf.


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